Psychologische Hilfe – Immer noch ein Tabu?
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Wenn es um körperliches Unwohlsein oder gar um körperliche Krankheiten geht, ist die Entscheidung, was zu tun ist, recht einfach: Man geht, wenn es eben „nicht mehr geht“, zu seinem Haus- oder Facharzt. Dieser stellt eine Diagnose – benennt die Krankheit und verschreibt in der Regel ein Medikament zur Genesung. Und natürlich erhält man vom Arzt konkrete Hinweise, wie man sich am besten während der Erkrankung verhalten soll – Nachbehandlungstermine inklusive.
Bei seelischen Problemen oder Erkrankungen ist es erfahrungsgemäß deutlich unterschiedlich. Es gibt meist Vorbehalte, über psychische Beschwerden zu sprechen. Häufig sind die Betroffenen erst einmal unsicher, ob es sich „nur“ um eine Verstimmung handelt, die schon von allein wieder weg geht. Erst wenn der Alltag und das Leben immer häufiger und länger eingetrübt ist, kommt es zu der Überlegung: Was soll ich jetzt tun? Der Leidendsdruck ist bei psychologischen Problemen deutlich größer als bei „normalen“ Erkrankungen. Dieser Beitrag gibt Hilfestellung, was Sie tun können, wenn ihr Leben durch außergewöhnliche Ereignisse, wie Trauer, Trennung oder persönlich tiefgreifende Probleme zu einem beherrschenden Thema für sie wird.
Und wenn Sie sich über Ihre Gefühlslage nicht ganz im klaren sind, empfehle ich Ihnen einen kurzen Test aus meinem Blog-Beitrag zur Lebenszufriedenheit.
Brauche ich überhaupt psychologische Hilfe?
Jeder Mensch macht in seinem Leben schwierige Phasen durch. Freunde und Angehörige sind für viele dann der erste Ansprechpartner, wenn es einem nicht gut geht. Was aber tun, wenn es keine Angehörigen oder Freunde (mehr) gibt, denen man sein Herz ausschütten kann.
Studien haben herausgefunden, dass jeder Fünfte in Deutschland unter psychischen Problemen leidet – und der Großteil davon keine Möglichkeiten im direkten Umfeld findet, darüber zu sprechen.
Daher ist es wichtig herauszufinden, wann man psychologische Hilfe benötigt. Was sind also die ersten Anzeichen dafür, dass die „schon nicht so schlimmen Probleme“ zu einem lebenseinschränkenden Thema werden?
Man kann über einfache Fragen bereits erste Antworten finden:
Schränken Probleme Sie im alltäglichen Leben beständig ein?
Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihre Sorgen Ihren Alltag bestimmen und zu spürbaren Einschränkungen, wie zum Beispiel Schlaflosigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, Motivationsverlust oder Gereiztheit führen, dann ist dies ein erstes Anzeichen.
Wie fühlen sich Ihre Beziehungen an?
Belasten Sorgen und Probleme fortwährend Ihre Beziehung zu Ihrem Partner, zu Freunden oder zur Familie? Dann sollten Sie nicht darüber hinweg gehen und zwischenmenschlichen Konflikte nicht länger ignorieren oder hinzunehmen. Denn Beziehungen sind sehr wichtig für das psychische Wohlbefinden.
Sind Sie antriebsarm?
Haben sie keine Hobbys – oder bereiten Ihnen ehemalige Hobbys keine Freude mehr? Müssen Sie ich immer wieder aufs Neue motivieren? Anhaltender Interessensverlust ist ein sehr wichtiger Hinweis, dass Sie gegebenenfalls mehr als eine vorübergehende Verstimmung haben.
Quälen Sie traumatisierende Ereignisse?
Kreisen Ihre Gedanken immer wieder um ein bestimmtes Ereignis, wie zum Beispiel die Krankheit eines nahestehenden Menschen, Gewalt gegen Sie, eine schwer zu ertragende Situation oder ein Unfall? Unverarbeitete Ereignisse können weitreichende psychische Folgen nach sich ziehen. Deutliche Signale Ihres Körpers, wie Ängste, dauerhafte Anspannungen bis zu Depressionen können die Folge sein.
Macht sich Ihr Umfeld Sorgen?
Werden Sie von Ihrem Umfeld auf Ihr Verhalten oder Wesensveränderungen angesprochen? Gibt es Menschen, die solche Sorgen gar direkt äußern? Schau Sie genauer hin, fragen Sie nach und überlegen Sie, ob diese Äußerungen berechtigt sind.
Psychologische Hilfe: Soll ich – oder soll ich nicht?
Oftmals fällt es Menschen schwer, wegen ihrer Probleme psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das kann sehr unterschiedliche Gründe haben: Manche haben Angst davor, als psychisch krank bezeichnet zu werden oder sie sind verunsichert, weil sie nicht wissen, was bei einer psychologischen Beratung überhaupt passiert.
Andere haben Zweifel, ob ihnen auf diese Weise überhaupt geholfen werden kann. Viele Menschen berichten später allerdings, dass sie sich lieber schon früher hätten psychologische Hilfe aufsuchen sollen.
Es ist für viele eine große Hürde, die eigenen Gedanken und Verhaltensweisen zu hinterfragen und zu ändern – dies kann sogar sehr anstrengend und fordernd sein. Die Anstrengung lohnt sich aber: Belastende Probleme erfolgreich zu bewältigen verbessert Ihre Lebensqualität nachhaltig.
Hier ein paar Tipps, wenn es schwerfällt, psychologische Beratung in Anspruch zu nehmen:
- Schauen Sie sich als erstes bei einem Spaziergang das Haus an, in dem die Praxis untergebracht ist – häufig ist ein erster Eindruck von der Umgebung hilfreich.
- Telefonieren Sie anonym mit der Praxis – wenn Ihnen das mehr Sicherheit gibt – um sich über den möglichen Ablauf einer Behandlung zu informieren.
- Schauen Sie nach einer psychologischen Praxis um, die nicht im gleichen Viertel ist.
- Bringen Sie einen Freund oder Freundin oder auch einen Familienangehörigen zum ersten Gespräch mit, wenn Ihnen das die Angst nimmt.
- Sprechen Sie mit Menschen, die schon mal eine psychologische Beratung in Anspruch genommen haben, zum Beispiel wenn jemand offen darüber berichtet.
Wenn man einmal den ersten Schritt gewagt hat und eine Beratung in Anspruch nehmen möchte, gibt es inzwischen unterschiedliche Möglichkeiten dies zu tun. Im Folgenden möchte ich diese kurz erläutern.
Psychologische Hilfe in der Praxis
Sich gegenüber zu sitzen und von Angesicht zu Angesicht zu kommunizieren, das ist die übliche Praxis: Im klassischen Sinne ist dies eine psychologische Hilfe „in der räumlichen Praxis“. Ich werde Ihnen gleich auch die weitere Formen, ihre Vor- und Nachteile vorstellen. In einem Raum zu sitzen, die Fragen, das Nachdenken, die Antworten direkt zu erfahren, ist ein wichtiger Punkt. Das sollten Sie berücksichtigen, wenn Sie sich für eine bestimmte Form der psychologischen Hilfe und Beratung entscheiden.
Insbesondere spezielle Beratungsformen, die mit Haptik und allen weiteren sinnlichen Methodiken zu tun haben, sind nur in einer Praxis vor Ort durchführbar. Sicherlich ist in Corona-Zeiten zu bedenken, dass ein direkter Kontakt auch eine Gefährdung darstellt. Aber dazu sollte man den Berater oder die Beraterin fragen, welche Vorsichtsmaßnahmen dafür berücksichtigt wurden.
Psychologische Hilfe per Telefon
Für die meisten Menschen bedeuten die momentanen Veränderungen durch COVID-19 einen Ausnahmezustand: Aktuelle Studien haben ergeben, dass eine psychologische Unterstützung in solchen Situationen auch per Telefonkontakt hilfreich ist. Die Wartezeiten für eine herkömmliche Psychotherapie, die von Krankenkassen bezahlt wird, sind häufig sehr lang. Oftmals wird psychologische Hilfe aber zeitnah benötigt. Eine telefonische psychologische Hilfe kann also eine schnelle und sinnvolle Alternative oder Ergänzung sein. Eine telefonische psychologische Beratung eignet sich jedoch nicht uneingeschränkt für jedes Problem. Daher sollten sie dies zuvor immer in einem persönlichen telefonischen Vorgespräch klären.
Psychologische Hilfe Online
„Onlineberatung ist bei depressiven Menschen heute kein Tabu mehr“, sagt Prof. Christine Knaevelsrud, Psychotherapeutin und Professorin für Klinisch-Psychologische Intervention an der Freien Universität Berlin. „Die generelle Wirksamkeit von Onlineinterventionen bei Depressionen und Angststörungen ist mittlerweile umfassend belegt“, ist die Psychotherapeutin überzeugt. Für die Techniker Krankenkasse (TK) hat sie eine Studie über die Wirksamkeit eines Internet-Depressionscoaches geleitet.
Wikipedia verdichtet diese Aussagen: „Studien und Erfahrungen aus der Praxis von Onlineberatung zeigen, dass entgegen den zunächst vermuteten Erwartungen die Beratungskontakte im Internet emotional intensiv sind. Ratsuchende beschreiben häufig, dass sie über Problembereiche kommunizieren, die sie am Telefon niemandem anvertrauen würden. Gerade diese Form eines niederschwelligen Angebots und die Möglichkeit der Anonymität im Internet bewirken, dass Onlineberatung intensiv stattfinden kann. Dabei entsteht die paradoxe Situation einer Nähe durch Distanz, die etwa auch bei der Telefonseelsorge beschrieben wird. Diese Distanz bewirkt, dass gesellschaftlich tabuisierte Themen angesprochen werden: Sexualität, Umgang mit Gewalt, Sterben, Tod und selbstverletzendes Verhalten. Ratsuchende bei Onlineberatungsanbietern erleben Chat- und Mailkommunikation noch niederschwelliger als das Telefongespräch, da sie im Internet nicht einmal ihre Stimme zu erkennen geben müssen.“
Die psychologische Hilfe Online ist in der Tat der am schnellsten wachsende Bereich in der psychologischen Beratung – und inzwischen auch in der Psychotherapie.
Allerdings gibt es auch Dinge, die ein Ratsuchender beachten sollte:
Ein wesentlicher Nachteil von Online-Beratungen ist die fehlende nonverbale Kommunikation, da sich der psychologische Berater und Patient nicht direkt gegenüber sitzen. Ohne das „räumliche“ Miteinander fehlen direkte nonverbale Signale der Kommunikation. Mimik, Gestik, Stimmlage und Körperhaltung sind zwar gegenüber einem Telefonat sichtbar – aber durch die zweidimensionale Darstellung und die starre Bildeinstellung geht dennoch einiges verloren. Hier kann es zu Missverständnissen kommen.
Letztendlich muss jemand, der psychologische Hilfe in Anspruch nehmen möchte, selbst die Entscheidung treffen. Viele tun dies auch und stellen eine persönliche Rangfolge auf: Dabei ist der Besuch in einer Praxis immer noch die erste Wahl. Aufgrund der Einschränkungen durch Corona wechseln viele auch auf die Telefon- und Online-Beratung. Es zeigt sich auch, dass diese Art der Kommunikation besser akzeptiert wird, wenn sich der psychologische Berater und der Ratsuchende bereits persönlich kennen gelernt haben.
Psychologisch Hilfe gibt es in vielen Bereichen
Neben der Frage, ob man psychologische Hilfe braucht und welche Art der Beratung persönlich am besten ist, sind natürlich auch die einzelnen Themenfelder für viele Ratsuchende von Interesse. Das Themen-Spektrum ist insgesamt sehr groß und würde hier in einer schlichten Aufzählung münden. Ich möchte daher umfassender auf drei spezielle Bereiche eingehen, in denen psychologische Hilfe sehr häufig in Anspruch genommen wird.
Psychologische Hilfe bei Trauer
Wenn ein Mensch gestorben ist, dem man sehr nahestand, dann befindet man sich erst einmal in einem Ausnahmezustand. Zu realisieren, dass dieser geliebte oder bedeutsame Mensch endgültig aus dem Leben verschwunden ist, zieht manchem schlicht den Boden unter den Füssen weg. Wir realisieren erst nach und nach, dass wir jetzt irgendwie damit zurechtkommen müssen. Es stellt sich eine Gefühlslage ein, die viele als Fassungslosigkeit, Verzweiflung oder Ohnmacht beschreiben. Und dies passiert fast unabhängig davon, ob wir uns auf den nahenden Tod vorbereiten konnten oder jemand unerwartet aus dem Leben geschieden ist. Wir trauern.
Mit Trauer gehen Menschen in der Folge sehr unterschiedlich um. Sie äußert sich manchmal in völliger Apathie, kann aber auch in Wut und Aggressionen umschwenken. Das Gefühl, nichts mehr für den Verstorbenen tun zu können, kann dann zum Mittelpunkt des Denkens werden. Es kann dabei leicht passieren, dass Betroffene in der Trauer steckenbleiben und sich dieser Leidensdruck verschlimmert.
Trauer-Phasen
Trauer empfindet jeder Mensch sehr individuell. Gemeinsam ist allen Trauernden, dass vier typische Phasen durchlebt werden. Diese durchlebt jeder „normal“ Trauernde in der Regel innerhalb von ein bis zwei Jahren.
Diese Phasen werden als „Schock“, der „depressive Einbruch“, die „Auseinandersetzung“ und der „Ausgleich“ bezeichnet.
In der ersten Phase erleidet der Trauernde eine akute Belastungsreaktion (auch als Schock bezeichnet). Er will den schweren Verlust nicht wahrhaben. Dabei können – je nach den Umständen –auch Aggressionen entstehen. Es wird nach Schuldigen gesucht.
Daran schließt sich eine zweite Phase an. Der Trauernde grübelt, ist sehr schlechter Stimmung, hat wenig Antrieb und möchte am liebsten im Bett bleiben und in Ruhe gelassen werden.
Es folgt eine Zeit, die allgemein als dritte– turbulente – Phase bezeichnet wird. Hier geht es dem Betroffenen mal besser und mal schlechter: Mal schmerzt der Verlust, aber man akzeptiert ihn, ist aber gleichzeitig mal verzweifelt und mal wütend. In dieser Phase lässt der seelische Schmerz meist aber auch etwas nach und die körperlichen Symptome bessern sich. Gelegentlich gibt es schon einen zuversichtlichen Blick in die Zukunft.
Schließlich nehmen Trauernde das Geschehene mehr und mehr an (vierte Phase). Sie akzeptieren es und kommen langsam zur Normalität zurück. Eine gelegentliche Traurigkeit wird zugelassen, und sie vergeht in der Regel auch wieder.
Was können Menschen, die sich in solch einer außergewöhnlichen Situation stehen, als psychologische Hilfe erwarten?
Ein psychologischer Berater wird den Trauernden mit einer einfühlsam und sanft geführten Begleitung unterstützen. Es ist gerade in dieser extremen Situation wichtig, Wege zu finden, wie man die Trauer ertragen kann und das eigene Leben wieder in Angriff nehmen kann. Falls Schuldgefühle oder Selbstvorwürfe den Alltag bestimmen, geht es darum, diese aufzulösen. Das gleiche gilt, wenn auf der Seele Unerledigtes lastet. Der psychologische Berater wird Wege vorschlagen, um sich davon zu befreien.
Psychologische Hilfe bei Trennung
Eine weitere Situation, in der psychologische Hilfe sehr stark in Anspruch genommen wird, ist die Trennung von einem geliebten Partner. Die konkrete Trennungs- und Scheidungssituation wird von den Betroffenen häufig als einschneidendes Ereignis oder gar als Lebenskrise empfunden. Die damit verbundenen seelischen Probleme empfinden die Betroffenen unterschiedlich stark. Befragt man psychologische Berater oder Therapeuten, besteht insbesondere in dieser Situation ein erhöhter Bedarf an psychologischer Bewältigung, den viele sich nicht eingestehen wollen. Es ist vielleicht ein wenig verblüffend, aber psychologische Hilfsangebote werden weitaus seltener in Anspruch genommen als die Dienste eines Rechtsanwaltes. Ratsuchende bewerten die Situation nach einer Beratung allerdings anders und empfehlen Menschen, die sich in Trennung befinden, vielmehr die Hilfestellung in solch einer schweren Lebenssituation.
Auf die Art der psychologischen Hilfe kommt es an
An dieser Stelle ist es wichtig, die Art der psychologischen Hilfe zu differenzieren – und zwar zwischen einer psychologischen Beratung und einer Psychotherapie. Beide Hilfsangebote verfolgen unterschiedliche Ziele und kommen damit unterschiedlichen Bedürfnissen entgegen.
Bei der psychologischen Beratung handelt es sich neben einer Beratung zu seelischen Fragestellungen auch um Themen, die soziale und wirtschaftliche Fragen rund um Trennung und Scheidung einbeziehen.
Es geht darum, wie die Phasen des Trauerprozesses und die emotionalen Reaktionen auf die Trennung sowie die psychischen Auswirkungen der Scheidung auf die Kinder bewertet und aufgearbeitet werden können. Wesentlich ist dabei, die mit der Trennung verbundenen Gefühle zu klären und einzuordnen. Darüber hinaus ist es wichtig, Perspektiven für die Zukunft sowie einzelne Handlungsschritte zu erarbeitet. Eine psychologische Beratung kann damit Klarheit über die eigene Gefühlslage schaffen und eine praktische Neuorientierung bieten.
Bei der Psychotherapie werden mit der Trennung ausschließlich seelische Probleme auf der Grundlage anerkannter psychotherapeutischer Verfahren behandelt. Dazu gehören die von den Krankenkassen anerkannten Verfahren der Psychoanalyse, die Verhaltenstherapie sowie tiefenpsychologisch fundierte Verfahren. Der Fokus bei der Psychotherapie liegt im Gegensatz zu Beratung ausschließlich auf der „psychischen“ Gesundung des Menschen, da man davon ausgeht, dass eine „Störung mit Krankheitswert“ vorliegt.
Je nach empfundener Beeinträchtigung wird der Hilfe- und Ratsuchende hier eine Wahl treffen müssen. Die psychologische Beratung wird sozialpsychologische Aspekte einbeziehen und ohne lange Wartezeiten schnell möglich sein. Die Kosten sind dabei allerdings selbst zu tragen und werden von der Krankenkasse nicht übernommen.
Wer schweren seelischen Schaden bei einer Trennung erlitten hat, dem wird eine Psychotherapie über einen längeren Zeitraum entsprechend Raum und Zeit geben, diese Krise auf- und zu verarbeiten. Die Kosten werden nach einer Prüfung durch die Krankenkasse nach dem Schweregrad der Störung vollständig übernommen.
Psychologische Hilfe für pflegende Angehörige
Unsere Gesellschaft wird älter. Die Alterspyramide verändert sich zusehends. Immer mehr Menschen benötigen Hilfe, die von Alten- und Pflegeheimen in Gänze nicht mehr geleistet werden kann. Daher übernehmen immer mehr Angehörige die Pflege. Sie sind allerdings besonderen Belastungen ausgesetzt, die oft unvermeidbar an die Situation und die Pflegetätigkeit gekoppelt sind. So können sich bei der pflegenden Tätigkeit für Angehörige trotz großer Bemühungen Verschlechterungen einstellen oder der überraschende Tod geschehen. Dies kann zu großen Belastungen, Selbstvorwürfen oder Ängsten führen. Zudem fehlt oft die Anerkennung und Wertschätzung für die Arbeit, weil die Pflege innerhalb der Familie als selbstverständlich betrachtet wird. Häufig wird die Versorgung und Betreuung insbesondere von Demenzkranken vom direkten Umfeld unterschätzt.
Auch wenn viele pflegende Angehörige sich das nicht eingestehen möchten: Die Pflege belastet nicht nur den Körper, sondern auch die Psyche.
Pflegende Angehörige sollten sich daher nicht scheuen, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Mit psychologischer Hilfe ist nicht unbedingt die Behandlung bei einem Psychologen oder Therapeuten gemeint.
Lösungswege
Eine psychologische Beratung gibt bietet vielmehr die Möglichkeit, sich die Sorgen und Probleme von der Seele zu reden. Es geht darum, Lösungswege aufgezeigt und Antworten auf mögliche Fragen zu bekommen:
- Wie gehe ich mit Schuldgefühlen um?
Schuldgefühle können z.B. auftreten, sobald sie den zu Pflegenden allein lassen oder in die Obhut einer anderen Person geben. - Wie gehe ich damit um, wenn sich die Persönlichkeit des zu pflegenden Angehörigen – z.B. aufgrund einer Demenzerkrankung – verändert?
- Wie komme ich mit der veränderten Rolle zurecht, plötzlich als Kind die Eltern versorgen zu müssen?
- Was hilft mir, wenn sich Aggressionen aufbauen und wiederholen?
Eine gezielte psychologische Hilfe gibt Antworten auf diese und viele weitere Fragen. Viele pflegende Angehörige empfinden diese Unterstützung als entlastend. Denn es werden nicht nur konkrete Probleme gelöst, gleichzeitig schafft die Beratung auch Freiräume für eigene Bedürfnisse.
